Methodenkompetenz
(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.3)
1 Definition
Teil der Kompetenz/Befähigung von Mitarbeitern, der (relativ) unabhängig von Fachwissen ist und sich bezieht auf die Fähigkeit, Fachwissen zu beschaffen und zu verwerten und allgemein mit Problemen umzugehen. Methodenkompetenz ist mitverantwortlich dafür, Fachkompetenz aufzubauen und erfolgreich zu nutzen. Im einzelnen wird darunter verstanden z. B.:
- Fähigkeit, Informationen zu beschaffen, zu strukturieren, zu bearbeiten, aufzubewahren und wieder zu verwenden, darzustellen, Ergebnisse von Verarbeitungsprozessen richtig zu interpretieren und in geeigneter Form zu präsentieren.
- Fähigkeit zur Anwendung von Problemlösungstechniken.
- Fähigkeit zur Gestaltung von Problemlösungsprozessen, u.a. Projektmanagement.
2 Weitere Informationen
2.0 Begriff und Einordnung
Methodenkompetenz wird heute nicht mehr als eigener Kompetenzbereich, sondern als Querschnittskompetenz und damit Bestandteil der anderen Kompetenzbereiche verstanden (Deutscher Qualifikationsrahmen 2011: 4).
Im Verhältnis zu anderen Kompetenzarten setzt sich die Erkenntnis durch, dass Methoden nicht ohne und unabhängig von fachlichen Inhalten vermittelt werden können, Fachliches und Methodisches also integriert behandelt werden müssen. Eine konsequente Umsetzung dieses Konzepts hat bereits die Realschule Enger mit ihren 2001 veröffentlichten Unterrichtsmaterialien vorgestellt.
2.1 Methodenkompetenz allgemein
Wie Methodenkompetenz in das Curriculum einer Schule und in den Fachunterricht (!) integriert werden kann führt die Realschule Enger konkret vor in ihrem Konzept, das mit umfangreichen Lehr- und Lernmaterialien ausgestattet ist.
In den Schulen ist das Methodentraining nach Klippert inzwischen weit diskutiert und verwendet, u. a. ist es Grundlage umfangreicher Fortbildungsmaßnahmen für die Lehrer in verschiedenen Bundesländern, auch in Nordrhein-Westfalen. Siehe z. B. diese Praxisberichte:
Berichte über die Praxis nach dem Klippert-Konzept
- Gruppenarbeit statt Frontalunterricht:
Gegenseitige Hilfe im Unterricht verbessert die Kommunikations- und Teamfähigkeit der Schüler. (Heike Nickel, Kölner Stadt-Anzeiger vom 16.02.2002).- Moderator statt missachteter Vorturner
(Günther M. Wiedemann, Kölner Stadt-Anzeiger vom 20.01.02, 19:27h, aktualisiert 23.01.02).- Kinder müssen zur Freiheit erst befähigt werden
(Ingeborg Schwenke-Runkel, Kölner Stadt-Anzeiger vom 03.05.02).- Mit kleinen Schritten schneller zum Ziel
(Ingeborg Schwenke-Runkel, Kölner Stadt-Anzeiger vom 25.01.02).
Aus diesem Grund werden im folgenden einige zentrale Aussagen referiert aus:
Heinz Klippert: Methoden-Training. Übungsbausteine für den Unterricht. 9. Auflage, Weinheim und Basel 1999
die unverändert auch in der 12. Auflage, 2002, enthalten sind (mit Ausnahme der Zusammenstellung von "Methodentraining im Unterricht", s. u.)
Klippert geht von einem erweiterten Lernbegriff aus, der die heute gängige Unterscheidung von Befähigungsbereichen aufnimmt (a.a.O., S. 31):
Erweiterter Lernbegriff |
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Inhaltlich-fachliches Lernen | Methodisch-strategisches Lernen | Sozial-kommunikatives Lernen | Affektives Lernen |
– Wissen etc. |
– Exzerpieren etc. |
– Zuhören etc. |
– Selbstvertrauen entwickeln etc. |
Methodenkompetenz: was umfasst sie?
Die nachfolgende, von S. 28 übernommene Abbildung stellt die Elemente der Methodenkompetenz zusammen und gliedert sie in Makro- und Mikromethoden.
Methodenkompetenz |
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Vertraut sein mit zentralen Makromethoden |
Beherrschung elementarer Lern- und Arbeitstechniken |
Beherrschung elementarer Gesprächs- und Kooperationstechniken |
– Gruppenarbeit etc. |
– Lesetechniken etc. |
– Freie Rede etc. |
Makromethoden |
Mikromethoden |
Methodentraining im Unterricht
Klippert plädiert für „ein flankierendes Methoden-Training“, zu dem er folgende Elemente zählt (S. 35):
Methodentraining
im Unterricht |
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Selbständige Informationsgewinnung | Produktive Informationsverarbeitung |
Argumentation und Kommunikation | Systematisches Üben und Wiederholen | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die Bedeutung des Methodenlernens fasst Klippert (S. 246) in folgenden Thesen zusammen:
Warum Methodenlernen wichtig ist Einige Thesen für die schulinterne Diskussion |
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Besonders Thesen 4 bis 6 haben aktuelle Bedeutung für die Hochschulen (einschließlich der Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst).
Methodenlernen hat bereits z. T. Eingang in amtliche Lehrpläne gefunden, Klippert referiert ein Beispiel (S. 249):
Methodenzentrierte
Lernziele Im Fach Wirtschafts- und Sozialkunde an Realschulen (Rheinland-Pfalz) |
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Lernziele |
Methodische Aspekte |
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Vg. Lehrplan für das Wahlpflichtfach Wirtschafts- und Sozialkunde. S. 10 |
Gelernt wird, was geprüft wird. Aus dieser Erkenntnis heraus formuliert Klippert auch Vorschläge für methodenzentrierte Fähigkeitsnachweise Im Rahmen von Klassenarbeiten (S. 258).
Methodenzentrierte Fähigkeitsnachweise im Rahmen von Klassenarbeiten |
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Methodenkompetenz: Beispiel für curriculare Definitionen
(entnommen dem Kerncurriculum "Gesellschaftslehre" des Landes NRW, 2012, erweitert um "Urteils-" und "Handlungskompetenz" nach den Definitionen dieses Curriculums)
Methodenkompetenz
Die Schülerinnen und Schüler
Verfahren der Informationsbeschaffung und -entnahme
- recherchieren unter Anleitung in eingegrenzten Mediensammlungen und beschaffen eigenständig unter Nutzung von Inhaltsverzeichnis, Register und Glossar zielgerichtet Informationen aus Schulbüchern und Atlanten (MK 1),
- arbeiten fragengeleitet Informationen aus einfachen (auch historischen) Karten unter Zuhilfenahme von Legende sowie Maßstabsleiste heraus (MK 2),
- entnehmen Einzelmaterialien niedriger Strukturiertheit fragenrelevante Informationen (MK3),
- entnehmen einfachen modellhaften Darstellungen fragengeleitet Informationen (MK4), Verfahren der Aufbereitung, Strukturierung, Analyse und Interpretation,
Verfahren der Aufbereitung, Strukturierung, Analyse und Interpretation
- unterscheiden zwischen Textquelle (Text aus einer Zeit) und Sekundärliteratur bzw. Sachtext (Text über eine Zeit) (MK 5),
- benennen das Thema und beschreiben den Aufbau bzw. die Strukturelemente von einfachen Grafiken, Statistiken, Schaubildern, (Klima-) Diagrammen, Bildern sowie historischen Sachquellen und ordnen diese ein (MK 6),
- analysieren in elementarer Form einfache Textquellen und Sekundärliteratur (MK 7),
- analysieren und interpretieren in elementarer Form diskontinuierliche Texte wie Karten, (Klima-) Diagramme, Statistiken, Bilder und Grafiken einfacher Strukturiertheit (MK 8),
- nutzen den Stadtplan zur unmittelbaren Orientierung im Realraum und einfache Atlaskarten zur mittelbaren Orientierung (MK 9),
- überprüfen vorgegebene Fragestellungen und eigene Vermutungen u. a. mittels Erkundungen und Befragungen in der Schule und im schulischen Nahfeld (MK 10),
- identifizieren unterschiedliche Standpunkte im eigenen Erfahrungsbereich und geben diese zutreffend wieder (MK 11),
- analysieren einfache Fallbeispiele aus Alltag und Nahraum (MK 12),
Verfahren der Darstellung und Präsentation
- beschreiben einfache Sachverhalte sprachlich angemessen unter Verwendung relevanter Fachbegriffe (MK 13),
- erstellen mit Hilfestellung einfache Kartenskizzen, Diagramme, Zeitleisten und Schaubilder zur Darstellung von Informationen (MK 14),
- stellen Ursachen, Abläufe und Lösungsmöglichkeiten von Konflikten im Alltag dar (MK 15).
Urteilskompetenz
Die Schülerinnen und Schüler
- unterscheiden in elementarer Form zwischen Belegbarem und Vermutetem (UK 1),
- beurteilen grundlegende fachbezogene Sachverhalte vor dem Hintergrund vorgegebener Kriterien (UK 2),
- formulieren in Ansätzen einen begründeten eigenen Standpunkt (UK 3),
- beurteilen deutlich voneinander unterscheidbare Motive, Bedürfnisse und Interessen von Personen und Gruppen (UK 4),
- beurteilen überschaubare Situationen oder Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven (UK 5),
- beurteilen im Kontext eines einfachen Falles oder Beispiels mit Entscheidungscharakter Möglichkeiten, Grenzen und Folgen darauf bezogenen Handelns (UK 6),
- erörtern in elementarer Form Möglichkeiten, aus der Vergangenheit Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft abzuleiten (UK 7).
Handlungskompetenz
Die Schülerinnen und Schüler
- vertreten die eigenen Positionen auch in der Auseinandersetzung mit kontroversen Sichtweisen in angemessener Form im unterrichtlichen Zusammenhang (HK 1),
- nehmen vorgegebene andere Positionen ein und bilden diese probeweise ab (HK 2),
- entwickeln unter Anleitung – auch simulativ – einzelne Lösungen und Lösungswege für überschaubare fachbezogene Probleme (HK 3),
- erstellen in Inhalt und Struktur klar vorgegebene (Medien-) Produkte zu fachbezogenen Sachverhalten und präsentieren diese im unterrichtlichen Zusammenhang (HK 4),
- gehen mit Differenzen im schulischen Umfeld angemessen um, d.h. sie suchen in konkreten Konfliktsituationen nach Verständigung bzw. umsetzbaren Lösungen und praktizieren Formen der Konfliktmediation (HK 5),
- entscheiden sich begründet für oder gegen eine Mitwirkung in klassen- und schulinternen Verfahren der demokratischen Entscheidungsfindung (HK 6),
- treffen einfache Entscheidungen in vorstrukturierten fachlichen Situationen und begründen diese in Konfrontation mit anderen Positionen sachlich (HK 7),
- organisieren ein überschaubares Projekt im schulischen Umfeld (HK 8).
Schlussfolgerungen für Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst
Für den Bedarf von Hochschulen dürften die von Klippert genannten Fähigkeitsnachweise nur zum geringen Teil verwendbar sein - sehr wohl aber im Rahmen von E-Learning! - aber das Konzept generell durchaus: Defizite im Bereich von Lernkompetenz und Lernstrategien bei den Studierenden sind wichtige Einflussgrößen auf den Studienerfolg. Allerdings ist die Relevanz der Elemente für Hochschulen im einzelnen zu überprüfen.
Angesichts häufig beobachteter und beklagter Defizite („mangelnde Studierfähigkeit“) soll damit hier Material bereit gestellt werden für das, was die Hochschulen bei „studierfähigen“ Studenten eigentlich (oft unausgesprochen oder nicht präzise formulierbar) erwarten und was zum Teil sinnvoll in die Hochschullehre integriert werden könnte. An der Erkenntnis, dass Methoden-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz zunehmend wichtiger werden (vgl. ausführlich Bildungskommission NRW: Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. Denkschrift der Kommission "Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft" beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen. Neuwied 1995), daraus aber auch konkrete Konsequenzen für Curricula, Lehr- und Lernformen, Lehrmethoden und Prüfungsverfahren gezogen werden müssen, führt aber kein Weg vorbei.
Es sollte Aufgabe der Hochschulen sein, den Studierenden auch dabei Hilfe anzubieten, Defizite der Studierfähigkeit konkret zu erkennen und zu beheben. Auch dafür ist Klarheit über das, was "Studierfähigkeit" bedeutet, notwendig.
B. Methodenkompetenz im Fach "Verwaltungsmanagement"
Die im Abschnitt A dargestellte Methodenkompetenz ist elementar und fächerübergreifend. Jedes Fach verfügt über zusätzliche Methoden, die ergänzend Ziele der Lehre sein können. Dazu wären z. B. grundlegende Planungs- und Entscheidungstechniken wie bestimmte Techniken des Projektmanagements zu rechnen.
Was zum Kernbereich zu rechnen (und über die einzelnen Fächer des Studiums hinweg zu vereinbaren) wäre, ist noch zu erarbeiten. Auf die umfassende Zusammenstellung von Managementtechniken sei an dieser Stelle verwiesen. Ansätze für ein Methodencurriculum der Verwaltungsmanagementlehre sind dokumentiert unter http://www.verwaltungsmanagement.info/studium/hs/allg-kern.htm.
3 Quellen
Klippert, Heinz | 1999 | Methoden-Training. Übungsbausteine für den Unterricht. 9. Auflage, Weinheim und Basel 1999 |
Klippert, Heinz | 2002 | Methoden-Training : Übungsbausteine für den Unterricht. 12. Aufl., Weinheim 2002 (unveränderter Nachdruck der 11. Aufl.) |
Klippert, Heinz | 2008 | Pädagogische Schulentwicklung - Strategien zur systematischen Weiterentwicklung des Unterrichts. Online-Quelle 1 / Online-Quelle 2 (PDF) |
Realschule Enger | 2001 | Lernkompetenz I - Bausteine für eigenständiges
Lernen 6.-7. Schuljahr. Mit CD-ROM. Berlin 2001
Lernkompetenz II - Bausteine für eigenständiges Lernen 7.-9. Schuljahr. Mit CD-ROM. Berlin 2001 |
Realschule Enger | 2003 | Lernkompetenz: Geschichte, Geografie, Politik, Religion, m. CD-ROM. Berlin 2003 |
Realschule Enger | 2003 | Lernkompetenz: Deutsch, m. CD-ROM. Berlin 2003 |
Siehe im übrigen beim Stichwort "Potenzialbereiche" und auf der Bildungsseite im OlevWiki.
2014-07-29