Strategisches Management - ein Beitrag aus der KGSt

(Ergänzung zum Beitrag "Strategisches Management" im Online-Verwaltungslexikon www.olev.de)

Vorbemerkung

Die KGSt hat ihr Konzept für strategisches Management ausführlich dokumentiert in den Berichten 08/2000 bis 11/2000.

Im Folgenden wird ein im Internet veröffentlichter Aufsatz wiedergegeben, der das Grundkonzept verdeutlicht und weitere Quellenangaben (nach dem Stand 2001) enthält.

Dabei sollte berücksichtigt werden, dass der Verfasser eine weitere Management-Ebene unterscheidet, die dem strategischen Management vorgelagert / übergeordnet ist: das Normative Management, das drei "Entwicklungspfade" umfasse:

Vgl. Heinz, Rainer: Kommunales Management. Überlegungen zu einem KGSt-Ansatz. Stuttgart 2000, S. 13-15, 26 ff.

Verwaltungsreform: quo vadis?

Dr. Rainer Heinz, Leiter des KGSt-Programmbereichs "Bürger, Politik und Verwaltung".

Der Beitrag ist ein Vorabdruck für die Zeitschrift "SOCIALmanagement 3/2001" (Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden), die sich Anfang Mai 2001 schwerpunktmäßig mit dem Stand der Verwaltungsreform in Deutschland beschäftigt.

1991 - also vor fast zehn Jahren - veröffentlichte die KGSt ihren ersten Bericht zum so genannten Neuen Steuerungsmodell (Fußnote 1.) und löste damit und mit vielen weiteren Berichten eine bemerkenswerte Verwaltungsreform in Deutschland aus. Mittlerweile gibt es kaum noch Kommunen, die sich nicht zumindest auf den Weg machen. Bund und Länder ziehen mit zeitlicher Verzögerung nach. Ebenso sind bei vielen freien Trägern der sozialen Arbeit deutliche Veränderungen mit vielen Anleihen beim Neuen Steuerungsmodell zu beobachten.

Was haben wir bislang erreicht? Allgemein lässt sich eine deutliche Leistungssteigerung der Kommunen feststellen. Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet dies: kürzere Wartezeiten, umfassendere Informationen, verständlichere Formulare, mehr Leistungen "aus einer Hand" u.v.m. Die Kommunen sind bürgerfreundlicher, wirtschaftlicher und effektiver geworden. Dies bestätigt eine Allensbach-Umfrage vom August 2000 (Fußnote 2.). Danach haben immerhin 41 % der Bevölkerung den Eindruck, dass sich die Ämter und Behörden tiefgreifend verändern und von staatlichen Bürokratien zu modernen Dienstleistern entwickeln. Dies gilt besonders für die Kommunen. Nur ein Drittel der Bevölkerung sieht die Kommunen heute noch primär als staatliche Bürokratie. Für 59 % sind die Kommunen auch oder sogar primär Dienstleister im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere jene Personen, die häufiger Kontakt mit Ämtern haben, stellen einen verbesserten Service fest. 46 % sagen: "Es ging alles sehr schnell und unkompliziert."

Aber mit der Verwaltungsreform ist es wie im "richtigen Leben": Mit klarer Analyse, festem Willen und ausreichenden Anstrengungen kann man viel erreichen; aber nicht immer alles, was man wollte und oft langsamer als man hoffte. Auch sind die Erfolge von Ort zu Ort sehr unterschiedlich. Noch keine Kommune in Deutschland hat die Potenziale der Verwaltungsreform ausgeschöpft. Deshalb lohnt sich ein "vorausschauender Rückblick".

Positiv fällt zunächst das veränderte Selbstverständnis auf. Das Leitbild eines mit den Bürgern intensiv kommunizierenden und kooperierenden Dienst- und Gewährleisters ist nach anfänglicher Skepsis eine Selbstverständlichkeit. Ein Grund ist, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Defizite klassisch-bürokratischer Verwaltungen sowohl aus interner Sicht als auch in ihrer Rolle als Bürger und/oder "Kunde der Verwaltungen" seit langem kritisieren. Im Jugendbereich kam hinzu, dass das zeitgleich in Kraft getretende Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) ebenfalls mit veralteten Rollenbildern aus dem Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) abschloss und neue, angemessene Formen der Leistungen sowie der Kommunikation und Kooperation einforderte. Mit einem "modernen" Leitbild ist es aber nicht getan. Es ist Anspruch und Aufforderung zur Veränderung und nicht Selbstzweck (Fußnote 3.). Wenn relevante Teile der Mitarbeiterschaft daher in einer Kommune den Eindruck haben, es habe sich faktisch zu wenig verändert, ist dies sehr ernst zu nehmen.

Ein wesentlicher Veränderungsschwerpunkt des Neuen Steuerungsmodells ist die Entwicklung und Einführung professioneller Managementinstrumente. Hier sind ohne Zweifel die größten Fortschritte gemacht worden. Produktbeschreibungen, Kosten- und Leistungsrechnung in Verbindung mit einem verbesserten Haushalts- und Rechnungswesen sowie Controlling, Berichtswesen und Kontraktmanagement als Teile eines breiten Reformprozesses haben

  • die erforderliche Leistungs- und Kostentransparenz geschaffen,
  • bessere Entscheidungsgrundlagen und Entscheidungsverfahren erzeugt,
  • den Ressourceneinsatz und die Wirtschaftlichkeit deutlich verbessert,
  • die Optimierung von Prozessen und Strukturen unter Einbeziehung möglichst großer Flexibilität und Eigenverantwortung gefördert.

Obwohl gerade im Jugend- und Sozialbereich anfangs große (Berühungs-) Ängste gegenüber Managementbegriffen und Managementinstrumenten bestanden, gibt es heute einen breiten Konsens, dass professionelles Management die Ziele der sozialen Arbeit fördert und der Einsatz von Managementinstrumenten dafür notwendig ist. Trotzdem ist weder der Entwicklungs- noch der Diskussionsprozess beendet. Zum einen müssen alle Managementinstrumente "passgenau" auf die identitätsstiftenden Ziele, Eigenheiten und Bedingungen beispielsweise der sozialen Arbeit abgestellt werden. So darf beispielsweise nicht das zum wichtigsten Entscheidungsgegenstand und -grund werden, was am leichtesten "messbar" ist, sondern das, was am wichtigsten ist. Zum anderen gibt es in einigen Kommunen die Gefahr einer neuen Bürokratisierung. Produktbeschreibungen werden nicht als Instrument des fachlichen Streits und der permanenten Herausforderung und Veränderung genutzt, sondern sie werden "liebevoll" gepflegt, gelocht und abgeheftet. Solche Fehlentwicklungen bzw. Defizite sind jedoch jederzeit korrigierbar. An der Notwendigkeit von Leistungs- und Kostentransparenz ändern sie ohnehin nichts.

Für die Zukunft müssen wir im Gegenteil noch weiter denken. Auffallend ist nämlich, dass die meisten Verbesserungen im "operativen Geschäft", d. h. bei den einzelnen Produkten und ihrer Erstellung stattgefunden haben. Dies ist gut, reicht aber auf längere Sicht nicht aus. Ohne ein professionelles strategisches Management besteht das Risiko, Programme und Produkte zu optimieren, die grundsätzlich in Frage gestellt und verändert werden sollten (Fußnote 4.). Strategisches Management ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Dies spüren insbesondere jene Kommunen, die eine nachhaltige Verwaltungsreform nach dem Neuen Steuerungsmodell eingeleitet haben (s. Abb. 1). Im Jugend- und Sozialbereich gibt es gute Anschlussstellen des strategischen Managements zur Jugend- und Sozialplanung. Auch sie wird jedoch in den meisten Kommunen den Anforderungen an ein professionelles strategisches Management nicht gerecht. Dies ist problematisch, weil strategische Schwächen oft durch noch so viel Kompetenz und Engagement im "Tagesgeschäft" nicht mehr ausgeglichen werden können.

Abb. 1: Entwicklung der Verwaltungsreform

Was die KGSt unter strategischem Management versteht, worauf es ankommt und wie es vor Ort umgesetzt werden kann, wurde Ende 2000 in vier Berichten umfassend und mit vielen Beispielen und Umsetzungshinweisen erläutert (Fußnote 5.):

  • Strategisches Management I: Leitbericht für Politik und Verwaltungsführung. (KGSt-Bericht Nr. 8/2000)
  • Strategisches Management II: Wege zur Gesamtstrategie. (KGSt-Bericht Nr. 9/2000)
  • Strategisches Management III: Zielbezogene Budgetierung. (KGSt-Bericht Nr. 10/2000)
  • Strategisches Management IV: Fachbereichsstrategien am Beispiel der Jugendhilfe (KGSt-Bericht Nr. 11/2000).

Im Mittelpunkt des strategischen Managements steht die systematische Zielentwicklung, Zielverfolgung und Zielumsetzung. Die KGSt empfiehlt den Kommunen für das strategische Management vier Zielfelder bzw. vier Leitfragen:

Leitfragen strat. Management

Abb. 2: Zielfelder und Leitfragen des strategischen Managements

Die vier Leitfragen des strategischen Managements sollten zur Routine von Politik, Verwaltungsführung und Mitarbeiter/innen bei allen dienstlichen Planungen und Entscheidungen werden. Die wäre ein Qualitätssprung im kommunalen Management. Besondere Bedeutung hat die Frage nach den erwarteten bzw. beabsichtigten Ergebnissen/Wirkungen für die Bürger (Fußnote 6.). Ergebnis- und Wirkungsziele sind die Voraussetzung, um begründet über die geeigneten und notwendigen Aktivitäten entscheiden zu können. Die Praxis ist leider oft noch anders: Leistungen, Produkte und Einrichtungen werden in Frage gestellt, "verteidigt" oder neu gefordert, ohne dass hinreichend geklärt ist, was konkret für die Bürger erreicht werden soll. Die öffentlichen Dienstleistungen sind dann oft unreflektierte Fortschreibungen vergangener Schwerpunkte,einschließlich ihrer Schwächen oder relativ willkürliches Ergebnis vereinzelter Zielsetzungen. Ohnehin ist ein "Ziele-Workshop" noch kein strategisches Management. Vielmehr erfordert strategisches Management die systematische Reflexion vorhandener Ziele sowie die systematische Entwicklung neuer Ziele z. B. mittels sogenannter Stärken-Schwächen-Analysen, einschließlich Benchmarking.

Das Neue Steuerungsmodell, die Verwaltungsreform insgesamt und insbesondere das strategische Management sind jedoch stets mehr als eine Ansammlung von Managementinstrumenten und Managementverfahren. Von zentraler Bedeutung ist stets, in welcher Form von Kommunikation und Kooperation sie entwickelt und eingesetzt werden. Dies gilt in mehrerer Hinsicht. So zeigen Untersuchungen, dass "einsam" von der Spitze entwickelte strategische Pläne häufig scheitern. Zum einen wird das Wissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ausreichend genutzt und die Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung von strategischen Entscheidungen fließen zu wenig in die Planung ein. Strategische Pläne sind dann einerseits oft unrealistisch und schöpfen andererseits die vorhandenen Potenziale nicht aus. Zum anderen werden die Chancen nicht wahrgenommen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Beteiligung an den Entscheidungen zu motivieren.

Ebenso wichtig ist, strategisches Management auch und besonders als Handlungsfeld der Politik zu begreifen und zu gestalten (Fußnote 7.). Stand die Politik im Zuge der bisherigen Verwaltungsreform eher am Rande des Geschehens, so rücken nun politische Entscheidungen und deren Umsetzungen ins Zentrum. Das strategische Management ist deshalb auch ein ganz praktischer Ansatzpunkt, dass Verwaltungsreformprozesse wieder an "Fahrt gewinnen" und dass Politik und Verwaltung gemeinsam die Wirtschaftlichkeit, Effektivität und Bürgerorientierung ihrer Kommune noch weiter verbessern.

Unverzichtbar ist, in diesen Zusammenhang das Thema "Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement" einzubeziehen. Es ist ein großer Mangel in Theorie und Praxis, wenn Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement als eigenständiger Diskussions- und Entwicklungsstrang neben oder sogar in Konkurrenz zum Neuen Steuerungsmodell verfolgt wird. Die Kommunikation und Kooperation mit den Bürgern muss integraler Bestandteil aller Überlegungen und Aktivitäten im kommunalen Management sein bzw. werden. Diese Auffassung setzt sich immer mehr durch. Notwendig ist es, geeignete Beteiligungsverfahren zu entwickeln und zu erproben. Diesbezügliche Lücken und Unsicherheiten sind ein wesentliches Reformhindernis. Örtliche Beispiele im Sinne von "Best Practise" geben wichtige Anregungen. Sie können jedoch nicht einfach auf andere Themen und andere Kommunen übertragen werden. Für den Jugend- und Sozialbereich muss darüber hinaus die Kommunikation und Kooperation mit den freien Trägern besonders beachtet werden. Nur gemeinsam ist eine gute Sozialpolitik möglich.

Zusammenfassend erweitern die Kommunen mit dem strategischen Management die durch das Neue Steuerungsmodell eingeleitete Leistungssteigerung der Kommunen. Aufgrund der großen Bedeutung wird der Jugend- und Sozialbereich weiterhin ein wichtiges Handlungsfeld sein. Der notwendige Informations- und Wissenstransfer ist jedoch keine Einbahnstraße. Schließlich hat besonders die Jugendhilfe breite Erfahrungen mit der Aktivierung und Beteiligung von Bürgern.

Fußnoten:

  1. KGSt-Bericht Nr. 11/1991: Dezentrale Ressourcenverantwortung. Überlegungen zu einem neuen Steuerungsmodell.
     
  2. Vgl. im Folgenden: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6094, August 2000
     
  3. Vgl. Heinz, Rainer 2000: Leitbilder: unverzichtbar oder wirkungslos? In: KGStINFO, Nr. 15/2000, S. 118-120. (Auch erreichbar über diese Website)
     
  4. Ausführlich: Heinz, Rainer 2000: Kommunales Management. Überlegungen zu einem KGSt-Ansatz. Schäffer-Poeschel-Verlag.
     
  5. Alle KGSt-Berichte sowie das Buch "Kommunales Management" können bei der KGSt gegen Kostenerstattung bestellt werden. Anfragen und Bestellungen bitte an: KGSt, Lindenallee 13-17; 50968 Köln; Fax: 0221/37689-59; E-Mail: poststelle@kgst.de.
     
  6. Zum Unterschied von Ergebnissen und Wirkungen siehe: Heinz, Rainer 2000: Kommunales Management. Überlegungen zu einem KGSt-Ansatz. Stuttgart, S. 100.
     
  7. Vgl. im Folgenden Hilbertz, Hans-Joachim 2000: Strategisches Management, Politische Steuerung und Bürgerbeteiligung gehören zusammen! in: KGStINFO vom 25.11.2000.

 

Trennlinie

http://www.olev.de/s/strat_Management_KGSt-2001.htm

© Copyright: Prof. Dr. Burkhardt Krems,
Köln,  2015-10-06