Gute Unternehmensführung, d. h. Art und Weise, wie Unternehmen gut (verantwortungsvoll gegenüber den Stakeholdern, ethisch einwandfrei) geführt werden sollen, international auch als "Corporate Behavior" bezeichnet.
"Corporate Governance" bedeutet eigentlich nur "Unternehmensführung", der Begriff wird aber zumeist normativ in dem hier definierten Sinne verwendet.
Es gibt zahlreiche Regelwerke (Leitlinien, Prinzipien, Kodices), die gute Unternehmensführung definieren, wobei die Zielrichtungen differieren:
Corporate Governance auf höchstem Niveau: die japanische Keidanren Charter for Good Corporate Behavior |
Für die öffentliche Hand (Regierung und Verwaltung von Kommunen, Ländern, Staaten, öffentlichen Institutionen) wird die Fragestellung des "Guten Regierens" als Good (Public) Governance bezeichnet.
Davon zu unterscheiden ist die unter der Bezeichnung "Corporate Governance" behandelte Thematik der Kontrolle und Fü¨hrung o¨ffentlicher Unternehmen.
Good (Public) Governance, Whistleblowing, Umfassenden Qualitätsmanagement TQM.
2 | Weitere Informationen |
Der deutsche Kodex orientiert sich ausschließlich an den Unternehmensinteressen, insbesondere der Aktionäre, und geht damit weniger weit als die Leitsätze der OECD für Corporate Governance, die auch dazu verpflichten, die durch Gesetz geschützten Belange der "stakeholder" zu respektieren (s.u. das IV. Prinzip). Er bleibt erst Recht deutlich hinter den ethischen Orientierungen von Unternehmen im Rahmen von TQM bzw. dem EFQM-Modell zurück, ebenso wie hinter den Regeln der japanische Keidanren Charter for Good Corporate Behavior (interner Link zur Charter), die ausdrücklich die Belange des Umweltschutzes, der Gesellschaft und der Mitarbeiter einbezieht, international tätige Unternehmen zum Respekt fremder Kulturen und Bräuche und dazu verpflichtet, zur Entwicklung der örtlichen Gesellschaft beizutragen (vgl. Nr. 4 ff. dieser Charter).
Der Aspekt gesellschaftlicher Verantwortung ist allerdings in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, Neufassung 2000 enthalten.
Der deutsche Kodex gilt für für börsennotierte Gesellschaften und enthält
Er wird auch den nicht börsennotierten Gesellschaften zur Beachtung empfohlen. Er wird verabschiedet von der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex.
Die Leitlinien der OECD für Corporate Governance sind als Darstellung eines - nicht verbindlichen - gemeinsamen und Mindeststandards weniger umfassend als TQM bzw. das EFQM-Modell, weil nur die durch Gesetz geschützten Belange der "stakeholder" respektiert werden (Berücksichtigung der "rights of stakeholders as established by law") und nicht dazu verpflichtet wird, diese Regelungen möglichst zu übertreffen und auch eine darüber hinausgehende gesellschaftliche Verantwortung zu berücksichtigen.
Weitergehend dagegen die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, die auch die gesellschaftliche Verantwortung aufnehmen. Sie verzichten auf eine Definition von "multinationalen Unternehmen", weil sie im Zweifel angewendet werden sollten, also einen ohnehin geltenden Standard definieren (Leitsätze Abschnitt I 3 und 4).
Speziell an den Staat als Eigentümer richten sich die OECD-Leitsätze zu Corporate Governance in staatseigenen Unternehmen, siehe dazu unten.
2.3 Umfassend und "good practice": die japanischen Leitsätze
Umfassend und zumindest als "good practice" können die japanischen Leitsätze der Keidanren Charter for Good Corporate Behavior (interner Link zur Charter) bezeichnet werden, die mit der Verpflichtung auf soziale, gesellschaftliche und kulturelle Verwantwortung den Anforderungen eines Umfassenden Qualitätsmanagement TQM entsprechen (zu den TQM-Konzepten siehe das EFQM-Modell, für die öffentliche Verwaltung das Common Assessment Framework CAF).
Für den Staat als Eigentümer, der sich der privaten Rechtsform(en) bedient, gelten besondere Anforderungen, die heute weitgehend als "Corporate Governance" bezeichnet werden.
10 Thesen zur Führung öffentlicher Unternehmen (Schedler / Finger 2008)
Kuno Schedler, Matthias Finger 10 Thesen zur Führung öffentlicher Unternehmen – ein Diskussionsansatz (Corporate Governance)
Für die öffentliche Verwaltung jenseits des Handelns in der Form eines privatrechtlich verfassten Unternehmens wird das Governance-Konzept als "Leitlinie für gutes Regieren und Verwalten" in angepasster Bedeutung vertreten, aber auch erweitert als neue Perspektive für Regierungs- und Verwaltungshandeln im 21. Jahrhundert, siehe den Beitrag "Good Governance".
3 | Dokumente in Auszügen |
3.1 Aus dem deutschen Kodex für borsennotierte Gesellschaften
1 PräambelDer vorliegende Deutsche Corporate Governance Kodex (der "Kodex") stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften (Unternehmensführung) dar und enthält international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Der Kodex soll das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar machen. Er will das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften fördern. Der Kodex verdeutlicht die Rechte der Aktionäre, die der Gesellschaft das erforderliche Eigenkapital zur Verfügung stellen und das unternehmerische Risiko tragen. |
Der vollständige Text in der jeweils aktuellen Fassung ist auf der Website der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex verfügbar.
3.2 OECD-Prinzipien für Corporate Governance (Fassung 2004)
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Zusatzinformation:
Das V. Prinzip, Offenlegung und Transparenz,
im vollen Wortlaut:
V. Offenlegung und Transparenz
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(Übernommen von http://www.oecd.org/dataoecd/32/18/31557724.pdf am 27.05.2006. Link zur englischen Fassung)
3.3 OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
Abstract (übernommen von der OECD-Website am 21.12.2011)
Mit dieser Ausgabe 2011 der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen verpflichten sich 42 Länder zu neuen, strengeren Maßstäben für unternehmerisches Handeln. Die aktualisierte Fassung der Leitsätze enthält neue Empfehlungen zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen und zur Verantwortung der Unternehmen für ihre Zulieferketten, womit sie die erste zwischenstaatliche Vereinbarung in diesem Bereich sind. Die Leitsätze legen fest, dass die Unternehmen die Menschenrechte in jedem Land achten sollten, in dem sie ihre Geschäftstätigkeit ausüben. Die Unternehmen sollten z.B. auch Umwelt- und Arbeitsstandards respektieren und über angemessene Due-Diligence-Vorkehrungen verfügen, um dies zu gewährleisten. Dies betrifft u.a. Fragen wie die Zahlung angemessener Löhne, die Bekämpfung von Bestechungsgeldforderungen und Schmiergelderpressung sowie die Förderung eines nachhaltigen Konsums. Die Leitsätze sind ein umfassender, nicht rechtsverbindlicher Verhaltenskodex für Unternehmen, dessen Förderung die OECD-Mitgliedsländer und andere Länder vereinbart haben. Ein neues, strengeres Beschwerde- und Vermittlungsverfahren wurde ebenfalls eingerichtet.
Auszug aus den Leitsätzen
II. Allgemeine Grundsätze
Die Unternehmen sollten der erklärten Politik der Länder, in denen sie tätig sind, voll Rechnung tragen und auch die Meinungen der anderen Unternehmensbeteiligten in Betracht ziehen.
A. Die Unternehmen sollten in dieser Hinsicht
(Übernommen von http://dx.doi.org/10.1787/9789264122352-de am 21.12.2011)
3.4 OECD-Leitsätze zu Corporate Governance in staatseigenen Unternehmen
II. Der Staat in seiner Eigenschaft als Unternehmenseigner
Der Staat sollte als sachkundiger und aktiver Eigentümer handeln und eine klare, konsistente Politik in Bezug auf sein Unternehmenseigentum entwickeln, die gewährleistet, dass staatseigene Unternehmen nach den Regeln der Transparenz und Rechenschaftspflicht mit dem erforderlichen Maß an Professionalität und Effektivität geführt werden. IV. Beziehungen zu den verschiedenen Unternehmensbeteiligten (Stakeholder) Die Politik für staatliches Unternehmenseigentum sollte der Verantwortung staatseigener Unternehmen gegenüber den verschiedenen Unternehmensbeteiligten (Stakeholder) in vollem Umfang Rechnung tragen und verlangen, dass diese Unternehmen über ihre Beziehungen zu den Stakeholdern Bericht erstatten. V. Transparenz und Offenlegung Staatseigene Unternehmen sollten sich in Einklang mit den OECD-Grundsätzen der Corporate Governance an strenge Transparenzstandards halten. Das wird in Unterabschnitt E wie folgt konkretisiert: Staatseigene Unternehmen sollten wesentliche Informationen zu allen in den OECD-Grundsätzen der Corporate Governance beschriebenen Fragen liefern und darüber hinaus auf alle Bereiche eingehen, die für den Staat in seiner Eigenschaft als Eigentümer wie auch für die Öffentlichkeit von besonderem Interesse sind. Beispiele für offen zu legende Informationen:
VI. Die Pflichten des Aufsichtsorgans (Board) staatseigener Unternehmen Die Aufsichtsorgane (Boards) staatseigener Unternehmen sollten über die Autorität, die Befugnisse und die Objektivität verfügen, die notwendig sind, damit sie ihre Funktion der Festlegung der strategischen Ausrichtung und der Überwachung der Geschäftsführung erfüllen können. Sie sollten dem Gebot der Integrität gehorchen und für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden können. (Übernommen von http://www.oecd.org/dataoecd/44/4/45885543.pdf am 21.12.2011) |
Mit Abschnitt V Nr. 1 wird die Besonderheit dieser Staatsbetriebe aufgenommen: dass sie einem öffentlichen Zweck dienen und deshalb auch darüber Rechenschaft ablegen müssen, ob und in welchem Maße sie diesen Zweck erreichen. Bei der Anwendung solcher Prinzipien auf die öffentliche Verwaltung ist diese Besonderheit zu berücksichtigen: es geht vorrangig um die Erfüllung des Auftrages und erst dann um die Finanzen/Kosten.
Mit der Forderung nach regelmäßigen Stakeholder-Berichten (Abschnitt IV) gehen diese Leitsätze wohl deutlich über die bundesdeutsche Praxis hinaus.
Siehe auch die Zusammenstellung der OECD-Quellen mit weiteren Angaben
3.5 Financial
Reporting Council (UK): The Combined Code on Corporate Governance, 2006
A. DIRECTORS A.2 Chairman and chief executive A.3 Board balance and independence A.4 Appointments to the Board A.6 Performance evaluation A.7 Re-election (Übernommen am 12.06.2007) |
4 Quellen |
Deutschland
Europäische Union
International
Literatur
Siehe die Literatur zu Non-Profit Management, sowie:
Schedler, Kuno / Gulde, Alexander / Suter, Simone (2007): Corporate Governance öffentlicher Unternehmen. Ausgewählte Fragen zur Führung staatlicher Beteiligungen. St. Gallen, Dezember 2007. Online-Quelle
Schedler, Kuno / Finger, Matthias (2008): 10 Thesen zur Führung öffentlicher Unternehmen (Public Corporate Governance). Ein Diskussionsansatz, St. Gallen, Januar 2008. Online-Quelle
Schnurbein, Georg von (2008): Nonprofit Governance in Verbänden. Theorie und Umsetzung am Beispiel von Schweizer Wirtschaftsverbänden. Bern 2008
Voggensperger, Ruth / Schneider, Jürg / Bienek, Hubert J. / Thaler, Gregor Oliver (Hrsg.) (2004): Gutes besser tun. Corporate Governance in Nonprofit-Organisationen. Bern 2004
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© Copyright: Prof. Dr. Burkhardt
Krems, Köln, 2012-06-28 |