Dezentralisation / Dezentralisierung
(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.1r)
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1. Definition
Verteilung einer Aufgabe auf mehrere, nachgeordnete Stellen mit eigener sachlicher Zuständigkeit, ggf. auch mit spezieller örtlicher Zuständigkeit (z. B. bei Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Städte und Gemeinden). Sie ist in der Regel mit - zumindest begrenzten - Entscheidungsbefugnissen bei der Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben verbunden und ist deshalb etwas anderes als die Einrichtung von Geschäfts-/Zweig-/Außenstellen, was als "Dekonzentration" bezeichnet wird. Gegensatz ist die Zentralisation.
Die Dezentralisation (nur) von Entscheidungsbefugnissen auf die nachgeordneten Stellen, die ohnehin die Aufgaben wahrnehmen, wird in der öffentlichen Verwaltung als Delegation des Zeichnungsrechts bezeichnet.
2. Weitere Informationen
Die Dezentralisierung ist eine der Maßnahmen im Rahmen einer neuen Verwaltungssteuerung / des Neuen Steuerungsmodells. Die Dezentralisation (nur) von Entscheidungsbefugnissen auf die nachgeordneten Stellen, die ohnehin die Aufgaben wahrnehmen, wird in der öffentlichen Verwaltung als Delegation des Zeichnungsrechts bezeichnet.
Die Übertragung von Aufgaben auf andere, nachgeordnete Aufgabenträger kann unterschiedlich erfolgen, je nach Unabhängigkeit der Aufgabenträger, siehe im Beitrag Agentur sowie dort das Schweizer 4-Kreise-Modell.
Mögliche Vorteile
- Höhere Qualität der Entscheidungen,
- durch Informationsvorteile der Basis
(größere Kundennähe, differenziertere Informationen, die nicht für das Management aufbereitet - und das heißt: gefiltert und verdichtet - werden müssen) - größere Flexibilität
(differenziertere Entscheidung nach örtlichen Gegebenheiten möglich, während das Management eher standardisierte Entscheidungen treffen wird, um die Entscheidungskomplexität zu begrenzen)
- durch Informationsvorteile der Basis
- Schnellere Entscheidungen,
(Informationen müssen nicht erst aufbereitet und weitergeleitet werden) - Ausschöpfung
des Leistungspotentials vor Ort
(personell, sachlich, Umfeldbeziehungen) - effizienterer Ressourceneinsatz
(bei Übertragung der entsprechenden Verantwortung, siehe Budgetierung) - Höhere Motivation der Mitarbeiter
- Entlastung des Managements
- Bleicher (S. 276): "Befreiung der Spitze von operativer Überforderung",
- Stärkung der strategischen Funktion des Managements (siehe Zielvereinbarungen);
- u. U. Wettbewerb möglich (wenn mehrere vergleichbare Einheiten entstehen)
- Entwicklung von Führungsnachwuchs
(Mitarbeitenden können Erfahrungen, auch mit verantwortlichen Entscheidungen und Führungsaufgaben, in den nachgeordneten Einheiten sammeln)
Mögliche Nachteile
- mangelhafte Koordination zwischen den Bereichen,
- ungleiche Verwaltungspraxis (wenn nicht durch entsprechende Koordination aufgefangen)
- Doppelarbeit, z. B. mehrfache Entwicklung von IT-Lösungen
- schlechtere Qualität der Entscheidungen des Managements
(Informationsdefizite: das "Principal-Agents-"Problem der unvollständigen Information oder - bewusster - Filterung durch die nachgeordneten Stellen) - Missbrauchsrisiko ("moral hazards"
(Missbrauch der Entscheidungsfreiheit vor Ort für eigene Interessen) - Gefahr der Überforderung der nachgeordneten Einheiten
3. Quellen
Das Thema "Zentralisation / Dezentralisation" bzw. "Delegation
/ Entscheidungszentralisation" ist Standardthema der organisationswissenschaftlichen
Literatur, siehe deshalb die entsprechenden Veröffentlichungen. Quellen
für diesen Beitrag u. a.:
Köln, 2011-01-21