Koordination (allgemein, positive / negative)
(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.32)
1 Definition
Abstimmung und Steuerung, insbesondere von arbeitsteiligen Prozessen, auf die wechselseitigen Anforderungen und/oder Ausrichtung der Aktivitäten der Organisationsmitglieder auf die Organisationsziele.
Siehe auch: Koordinationsinstrumente, Koordinationskosten, Transaktionskosten, Projektmanagement, Promotorenmodell
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2.1 Einordnung
Koordination ist das Folgeproblem der Arbeitsteilung und gilt als zweites Hauptproblem der Organisation, dessen Stellenwert in der traditionellen Verwaltung oft ebenso verkannt wird wie das der Prozessorganisation (= Ablauf-)organisation.
In größerem Zusammenhang ist Koordination als eine der Möglichkeiten zu sehen, das Zusammenwirken von Menschen zu gestalten. Wie die Institutionenökonomik gezeigt hat, gibt es neben der Koordination die Möglichkeit, dieses Zusammenwirken über die Mechanismen Konkurrenz und Kooperation zu gestalten. Das sind auch innerorganisatorische Möglichkeiten: die Gestaltung interner Märkte, die Einräumung von Spielräumen für Kooperation und weiteren Möglichkeiten, wie sie z. B. die Wirtschaftsnobelpreisträgerin 2009 Elinor Ostrom untersucht hat.
2.2 Arten der Koordination
Nach Ablauf und Ergebnis werden negative und positive Koordination unterschieden:
- Negative Koordination ist dadurch gekennzeichnet, dass die verschiedenen Akteure, die an einer Entscheidung mitwirken müssen, jeweils nur ihre Interessen verfolgen und nicht das gemeinsame Ziel einer optimalen Problemlösung. Damit ergibt
negative Koordination
- sachlich: Entscheidungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner (jeder kann Bedenken vorbringen ("so nicht"), ohne verpflichtet zu sein, konstruktive Lösungen vorzuschlagen ("aber so könnte es gehen ..."): keine kreativen, neuartigen Lösungen
- zeitlich: u. U. langwierige Entscheidungsprozesse: Entscheidungen nach Zustimmung aller Beteiligter
damit wenig leistungsfähige Entscheidungsprozesse und insgesamt eine u. U. unzureichende Problemlösungskapazität.
Negative Koordination kann eine Folge der Spezialisierung sein (parzellierte Zuständigkeit tendiert zu "Kästchendenken"), die durch fehlende Gesamtorientierung (kein Leitbild), eine ungünstige Organisationskultur und durch das Mitzeichnungsverfahren begünstigt wird.
- Positive Koordination ist dadurch gekennzeichnet dass die Akteure zwar ihre eigenen Interessen verfolgen, aber gleichzeitiger das Gesamtziel berücksichtigen. Damit ergibt positive Koordination zügige Lösungen auf hohem Niveau. Die Beteiligten leisten Beiträge zur Verbesserung von Lösungsvorschlägen anderer ("besser so" statt "nicht so") oder entwickeln Teilbeiträge für ein Gesamtkonzept, die auch die Belange anderer Beteiligter berücksichtigen, nutzen schnelle Kommunikationsmöglichkeiten und reagieren zügig, usw.
Zu positiver Koordination können verschiedene Instrumente beitragen: gemeinsame Verantwortung durch übergeordnete Leitbilder, Ziele, Koordinationsgremien, eine geeignete Organisationskultur, für einzelne Vorhaben besondere Arbeits- oder Projektgruppen, um die Nachteile der Mitzeichnung zu vermeiden, usw.
Das Begriffspaar "positive / negative Koordination" wurde von Fritz W. Scharpf in die deutschsprachige verwaltungs- und politikwissenschaftliche Diskussion der politischen Planung eingeführt. Er weist darauf hin, dass die theoretisch wünschenswerte positive Koordination die Komplexität des Entscheidungsprozesses vervielfachen kann, also nicht unproblematisch und einfach zu erreichen ist.
3 Quellen
Scharpf, Fritz W. (1993): Positive und negative Koordination in Verhandlungssystemen. In: Adrienne Héritier (Hrsg.), Policy Analyse. Kritik und Neuorientierung. Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 24. Opladen, 57-83.
Zu Koordinationsprozessen bei der Nutzung von Gemeingütern siehe die Nachweise zu und bei Elinor Ostrom.
Köln, 2012-05-16