Projekt und alternative Handlungsformen
(Zusatzinformationen zu Projekt und Projektmanagement
im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.22)

Der Sinn der Definition des Begriffs "Projekt" ist die Abgrenzung gegenüber Vorhaben, für die keine Projektorganisation geschaffen und andere Koordinationsinstrumente verwendet werden sollten.

Die Projektorganisation ist eine Alternative zur normalen Aufgabenwahrnehmung bzw. anderen Formen der Koordination[FN1]. Diese Darstellung zielt darauf ab, das Spektrum möglicher Formen der Aufgabenwahrnehmung aufzuzeigen um zu verhindern, dass die Ausnahme – das Projekt – als Regel erscheint. Außerdem sind andere Instrumente der Koordination oft nicht ausreichend bekannt oder reflektiert, weil sie in Lehrmaterialien und der Fachliteratur zu kurz kommen oder gar nicht erst behandelt werden.

Es ist in der Praxis verbreitet, besondere Aktivitäten als "Projekt" zu bezeichnen, ein Fehlschluss wäre es aber, aus dieser Bezeichnung automatisch zu folgern, hier müssten Projektorganisation und die Regeln des Projektmanagements verwendet werden. Um solche Missverständnisse zu vermeiden ist es empfehlenswert, besondere Aktivitäten als "Vorhaben" zu bezeichnen und damit die Einordnung offen zu lassen. Die Bezeichnung "Projekt" sollte möglichst nur als Fachbegriff im engeren Sinne verwendet werden.

Formen der Aufgabenwahrnehmung

Besondere Aktivitäten - Vorhaben - können in folgenden Gestaltungen verfolgt werden:

  1. Basiseinheit [FN2], die bei Bedarf vorübergehend personell verstärkt, um besondere Vorhaben durchzuführen, die in die eigene Zuständigkeit gehörden
  2. Mitzeichnung (siehe den Beitrag dazu)
  3. Sonderauftrag
    1. an eine Person, (nur) sie wird von anderen Aufgaben ganz oder teilweise freigestellt und koordiniert alle Aktivitäten
    2. Sonderauftrag mit Zuweisung von Personal je nach Bedarf (keine Projektgruppe mit festem Personalbestand und Teamstruktur); Funktion ähnlich Nr. 1
  4. Besprechungen / Sitzungen, nach Bedarf einberufen, um die Abstimmung vorzunehmen oder vorzubereiten, u. U. wesentlich ergiebiger als die schriftliche Kommunikation im Rahmen der Mitzeichnung,
  5. ad-hoc-Arbeitsgruppe (auf Zeit, nebenamtlich besetzt, Teilnehmer nicht freigestellt, i.d.R. keine besondere Organisationsregelung durch gemeinsam vorgesetzte Instanz)
  6. Koordinierungsgruppe (auf Dauer, nebenamtlich besetzt, tagt periodisch oder bei Bedarf; Einsetzung bedarf i.d.R. der Entscheidung der gemeinsam vorgesetzten Instanz): da auf Dauer bestehend, kein Instrument für die Projektorganisation!
  7. Projektorganisation mit Projektgruppe und Projekt-Lenkungsausschuss
  8. Komplexere Projektorganisation, z. B. mit Projekt-Kernteam und weiteren Arbeitsteams im Rahmen eines Projekts oder mit Organisationsstrukturen für mehrere Projekte
  9. Projekt-Matrixorganisation: Werden Projekte zum Regelfall, ändert sich die Gesamtstruktur in Richtung Matrixorganisation, bei der Linienfunktionen durch die Weisungsfunktionen der Projekte (Projekt-Manager) überlagert wird. Diese Organisationsform wird hier nicht behandelt, sie ist bisher die Ausnahme in der öffentlichen Verwaltung..

Vorhaben sollten nur als Projekte nach Nr. 7 bis 9 organisiert werden, wenn folgende Projektmerkmale vorliegen:

Das Vorhaben ist

  1. zeitlich befristet
  2. sachlich begrenzt
  3. ein- oder erstmalig
    (kein Rückgriff auf erprobte Handlungsweisen möglich)
  4. zuständigkeitsübergreifend, erfordert also Koordination und Zusammenarbeit über Zuständigkeitsgrenzen hinweg,
  5. und zwar in erheblichem Umfang, so dass
    der nicht nebenamtlich (ohne Freistellung von anderen Aufgaben) geleistet werden kann,
  6. u. U. innovativ und/oder riskant
    (und damit in besonderem Maße fehleranfällig)

Jedes Merkmal ist unabhängig von den anderen, s. die folgenden Beispiele.

Beispiele für die Abgrenzung zu einem Projekt.

  1. Ist ein einmaliges Vorhaben nicht zuständigkeitsüberschreitend, wird es in der (allein) zuständigen Basiseinheit[FN2] wahrgenommen, die ggf. befristet personell verstärkt werden muss, u. U. auch durch externen Sachverstand und Personalkapazität.  
  2. Ist es zwar zuständigkeitsübergreifend, aber nur von begrenztem Arbeitsaufwand, so eignet sich das normale Mitzeichnungsverfahren als Koordinationsinstrument zur Beteiligung der anderen Stellen und Abstimmung einer gemeinsamen Lösung.  
  3. Reicht Mitzeichnung nicht aus, sollte eine Arbeitsgruppe (ad-hoc-Gruppe) eingesetzt werden, die Mitglieder müssen nicht von anderen Aufgaben freigestellt werden. Es bedarf keine formellen Einsetzung, keines Lenkungsausschusses usw. Allerdings können für die Sitzungen Moderationstechniken von Vorteil sein.  
  4. Sonderauftrag:
    1. In der Praxis gebräuchlich ist auch der Sonderauftrag an eine Person, (nur) sie wird von anderen Aufgaben ganz oder teilweise freigestellt und koordiniert alle Aktivitäten. Diese Funktion kann auch einer Stabseinheit übertragen werden.
    2. Der Sonderauftrag kann ggf. erweitert werden, wenn der beauftragten Person zusätzliches Personal (auf Zeit) zur Unterstützung zugewiesen wird. Ebenso ist es möglich, dass die beauftragte Person zur Unterstützung auf externe Kapazitäten zurückgreift.
  5. Ist es eine dauernde Koordinationsaufgabe, sollten dafür Koordinationsgremien geschaffen werden – eine in der Praxis häufige Erscheinung, von der die Literatur aber nur gelegentlich Kenntnis nimmt. Der Vorteil liegt darin, dass damit die Koordinationsaufgabe nach klaren Regeln erfolgt und Verantwortlichkeiten verhindern, dass sie übersehen wird.  
  6. Ist die Aufgabe nicht neuartig oder nicht einmalig, können Programme/Ablaufregelungen entwickelt werden, mit denen diese Aufgabe – immer wieder bei Bedarf – zu erledigen ist. Als Projekt wäre nur die erstmalige Durchführung zu organisieren.  
  7. Ist die Aufgabe nicht befristet, ist es eine Daueraufgabe, die einer Basiseinheit zuzuweisen ist. Basiseinheiten haben u. U. auch dauerhafte Koordinierungsaufgaben (siehe aber nachfolgend: "Koordinierungsgruppe").  
  8. Handelt es um eine ständige Koordinationsaufgabe, kann eine Koordinierungsgruppe (z. B. für IT, für Planung) eingerichtet werden, die periodisch oder bei Bedarf tagt (eine IT-Koordinierungsgruppe wird von der KBSt als Abstimmungsintrument für Behörden generell empfohlen, um den Bedarf der Facheinheiten und das IT-Konzept auf einander abzustimmen und sicher zu stellen, dass die IT den Bedürfnissen der Facheinheiten entspricht).  
  9. Koordination durch Prozessorganisation: nicht vergessen werden sollte die Möglichkeit der Koordination durch Prozessgestaltung, wie sie Standard im Rahmen von Qualitätsmanagement ist!

S. auch die Stichwörter Koordination und Koordinationsinstrumente.


Anmerkungen

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© Copyright: Dr. Burkhardt Krems, Köln, 2010-02-10