Der Sinn der Definition
des Begriffs "Projekt" ist die Abgrenzung gegenüber Vorhaben,
für die keine Projektorganisation geschaffen und andere Koordinationsinstrumente
verwendet werden sollten.
Die Projektorganisation ist eine Alternative zur normalen Aufgabenwahrnehmung
bzw. anderen Formen der Koordination[FN1]. Diese Darstellung zielt darauf ab, das
Spektrum möglicher Formen der Aufgabenwahrnehmung aufzuzeigen um zu verhindern,
dass die Ausnahme – das Projekt – als Regel erscheint. Außerdem sind andere
Instrumente der Koordination oft nicht ausreichend bekannt oder reflektiert,
weil sie in Lehrmaterialien und der Fachliteratur zu kurz kommen oder gar nicht
erst behandelt werden.
Es ist in der Praxis verbreitet, besondere Aktivitäten als "Projekt"
zu bezeichnen, ein Fehlschluss wäre es aber, aus dieser Bezeichnung automatisch
zu folgern, hier müssten Projektorganisation und die Regeln des Projektmanagements
verwendet werden. Um solche Missverständnisse zu vermeiden ist
es empfehlenswert, besondere Aktivitäten als "Vorhaben" zu bezeichnen
und damit die Einordnung offen zu lassen. Die Bezeichnung "Projekt"
sollte möglichst nur als Fachbegriff im engeren Sinne verwendet werden.
Formen der Aufgabenwahrnehmung
Besondere Aktivitäten - Vorhaben - können in folgenden Gestaltungen
verfolgt werden:
- Basiseinheit [FN2], die bei Bedarf vorübergehend personell
verstärkt, um besondere Vorhaben durchzuführen, die in die eigene Zuständigkeit
gehörden
- Mitzeichnung (siehe den Beitrag dazu)
- Sonderauftrag
- an eine Person, (nur) sie wird von anderen Aufgaben ganz oder teilweise
freigestellt und koordiniert alle Aktivitäten
- Sonderauftrag mit Zuweisung von Personal je nach Bedarf (keine Projektgruppe
mit festem Personalbestand und Teamstruktur); Funktion ähnlich Nr.
1
- Besprechungen / Sitzungen, nach Bedarf einberufen, um die
Abstimmung vorzunehmen oder vorzubereiten, u. U. wesentlich ergiebiger
als die schriftliche Kommunikation im Rahmen der Mitzeichnung,
- ad-hoc-Arbeitsgruppe (auf Zeit, nebenamtlich besetzt, Teilnehmer
nicht freigestellt, i.d.R. keine besondere Organisationsregelung durch gemeinsam
vorgesetzte Instanz)
- Koordinierungsgruppe (auf Dauer, nebenamtlich besetzt,
tagt periodisch oder bei Bedarf; Einsetzung bedarf i.d.R. der Entscheidung
der gemeinsam vorgesetzten Instanz): da auf Dauer bestehend, kein Instrument
für die Projektorganisation!
- Projektorganisation mit Projektgruppe und Projekt-Lenkungsausschuss
- Komplexere Projektorganisation, z. B. mit Projekt-Kernteam
und weiteren Arbeitsteams im Rahmen eines Projekts oder mit Organisationsstrukturen
für mehrere Projekte
- Projekt-Matrixorganisation: Werden Projekte zum Regelfall, ändert
sich die Gesamtstruktur in Richtung Matrixorganisation,
bei der Linienfunktionen durch die Weisungsfunktionen der Projekte (Projekt-Manager)
überlagert wird. Diese Organisationsform wird hier nicht behandelt, sie
ist bisher die Ausnahme in der öffentlichen Verwaltung..
Vorhaben sollten nur als Projekte nach Nr. 7
bis 9 organisiert werden, wenn folgende Projektmerkmale vorliegen:
Das Vorhaben ist
- zeitlich befristet
- sachlich begrenzt
- ein- oder erstmalig
(kein Rückgriff auf erprobte Handlungsweisen möglich)
- zuständigkeitsübergreifend, erfordert also Koordination
und Zusammenarbeit über Zuständigkeitsgrenzen hinweg,
- und zwar in erheblichem Umfang, so dass
der nicht nebenamtlich (ohne Freistellung von anderen Aufgaben) geleistet
werden kann,
- u. U. innovativ und/oder riskant
(und damit in besonderem Maße fehleranfällig)
Jedes Merkmal ist unabhängig von den anderen, s. die folgenden Beispiele.
Beispiele für die Abgrenzung zu einem Projekt.
- Ist ein einmaliges Vorhaben nicht zuständigkeitsüberschreitend, wird es
in der (allein) zuständigen Basiseinheit[FN2] wahrgenommen, die ggf. befristet personell
verstärkt werden muss, u. U. auch durch externen Sachverstand und Personalkapazität.
- Ist es zwar zuständigkeitsübergreifend, aber nur von begrenztem Arbeitsaufwand,
so eignet sich das normale Mitzeichnungsverfahren als Koordinationsinstrument
zur Beteiligung der anderen Stellen und Abstimmung einer gemeinsamen Lösung.
- Reicht Mitzeichnung nicht aus, sollte eine Arbeitsgruppe
(ad-hoc-Gruppe) eingesetzt werden, die Mitglieder müssen nicht von anderen
Aufgaben freigestellt werden. Es bedarf keine formellen Einsetzung, keines
Lenkungsausschusses usw. Allerdings können für die Sitzungen Moderationstechniken
von Vorteil sein.
- Sonderauftrag:
- In der Praxis gebräuchlich ist auch der Sonderauftrag an eine Person,
(nur) sie wird von anderen Aufgaben ganz oder teilweise freigestellt und
koordiniert alle Aktivitäten. Diese Funktion kann auch einer Stabseinheit
übertragen werden.
- Der Sonderauftrag kann ggf. erweitert werden, wenn der beauftragten
Person zusätzliches Personal (auf Zeit) zur Unterstützung zugewiesen
wird. Ebenso ist es möglich, dass die beauftragte Person zur Unterstützung
auf externe Kapazitäten zurückgreift.
- Ist es eine dauernde Koordinationsaufgabe, sollten dafür Koordinationsgremien
geschaffen werden – eine in der Praxis häufige Erscheinung, von der die Literatur
aber nur gelegentlich Kenntnis nimmt. Der Vorteil liegt darin, dass damit
die Koordinationsaufgabe nach klaren Regeln erfolgt und Verantwortlichkeiten
verhindern, dass sie übersehen wird.
- Ist die Aufgabe nicht neuartig oder nicht einmalig, können Programme/Ablaufregelungen
entwickelt werden, mit denen diese Aufgabe – immer wieder bei Bedarf – zu
erledigen ist. Als Projekt wäre nur die erstmalige Durchführung zu organisieren.
- Ist die Aufgabe nicht befristet, ist es eine Daueraufgabe,
die einer Basiseinheit zuzuweisen ist. Basiseinheiten haben u. U. auch
dauerhafte Koordinierungsaufgaben (siehe aber nachfolgend: "Koordinierungsgruppe").
- Handelt es um eine ständige Koordinationsaufgabe, kann eine Koordinierungsgruppe
(z. B. für IT, für Planung) eingerichtet werden, die periodisch
oder bei Bedarf tagt (eine IT-Koordinierungsgruppe wird von der KBSt als Abstimmungsintrument
für Behörden generell empfohlen, um den Bedarf der Facheinheiten
und das IT-Konzept auf einander abzustimmen und sicher zu stellen, dass die
IT den Bedürfnissen der Facheinheiten entspricht).
- Koordination durch Prozessorganisation: nicht vergessen werden sollte
die Möglichkeit der Koordination durch Prozessgestaltung, wie sie Standard
im Rahmen von Qualitätsmanagement ist!
S. auch die Stichwörter Koordination
und Koordinationsinstrumente.
Anmerkungen