Qualität
(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.31)
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Definition | |
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Dimensionen der Qualität | |
Qualitätsbegriffe in der Praxis | |
Kano-Modell | |
Quellen |
1 Definition
Allgemein: Güte, Beschaffenheit, im Gegensatz zu Quantität (Menge). Umgangssprachlich und in der Praxis oft auch mit der Bedeutung von "guter" Beschaffenheit, "hoher" Qualität verwendet, auch im Sinne einer zu fordernden hohen Qualität (normativer Begriff).
- Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt (DIN EN ISO 9000:2005 Nr. 3.1.1),
so die präzise, aber etwas schwer verständliche Definition der Norm. In der Sache bedeutet es: Grad, in dem Forderungen von Kunden und anderen "interessierten Parteien" erfüllt werden. "Inhärent" grenzt ab gegenüber einem von außen kommenden Einfluss, der für das Ergebnis verantwortlich sein könnte: maßgebend sind nur die Merkmale des Produkts, Systems oder Prozesses selbst, die auf Dauer vorhanden sind. - In der früheren Definitionsnorm zu Qualitätsmanagement (DIN EN ISO 8402:1995-08) war Qualität definiert als die Erfüllung festgelegter oder vorausgesetzter Erfordernisse.
Im Umfassendem Qualitätsmanagement (TQM) bezieht sich Qualität auf die Erreichung aller Managementziele (langfristiger Geschäftserfolg, Nutzen für die Mitglieder der Organisation, Nutzen für die Gesellschaft).
Um das sprachliche Spannungsverhältnis zwischen dem Wort "Qualität" und der umfassenden Interpretation im TQM zu vermeiden verwendet das EFQM-Modell statt dessen die Bezeichnung "Excellence".
In der Fachsprache dominiert der Qualitätsbegriff im Sinne der ISO 9000. Um die Verständigung zu erleichtern ist es empfehlenswert, bei Bedarf klarzustellen, was gemeint ist: Qualität als Fachbegriff wie im Qualitätsmanagement oder in einer anderen Bedeutung. Zu weiteren Unterscheidungen siehe unten.
2 Weitere Informationen
Definitorisches
Eine für die Bedürfnisse der Verwaltung gute, umfassende Definition in Anlehnung an Hermann Hill[1], einerseits, die ältere Fassung der Qualitätsnorm ISO 8402, andererseits, lautet:
Qualität ist die
- anhand von
- vorgegebenen (Qualitätsnormen, Standards) oder
- vereinbarten (Vertrag, Leistungsvereinbarung, Zielvereinbarung)
- oder erwarteten (Kundenbefragungen, beachte aber das Kano-Modell)
- Merkmalen (potenzial-, prozess- oder ergebnisorientiert)
- gemessene Eigenschaft (ihr innewohnend (inhärent), nicht zugeschrieben (attribuiert))
- einer Einheit:
- eines Produktes / einer Dienstleistung[2] oder
- eines Prozesses oder
- einer Funktion oder eines Systemelements oder
- einer gesamten Organisation oder Organisationseinheit[3].
Dieser Qualitätsbegriff kann sowohl verwendet werden für die Betrachtung einer Institution im Hinblick auf die Erfüllung ihres Auftrages bzw. die Erbringung der ihr aufgetragenen Dienstleistungen als auch für die Betrachtung von beliebigen Teilen, Funktionen und Perspektiven, deren Unterscheidung analytisch zweckmäßig sein kann.
Dimensionen der Qualität
Betrachtet man die Qualitätsproblematik zunächst im Hinblick auf die Leistungen, die der Kunde erhält, können drei Arten von Qualität unterschieden werden:
- Produktqualität/Ergebnisqualität: Die Qualität, die der Kunde erhält. Die Ware, die er kauft, die Dienstleistung, die er erhält, erfüllt seine Wünsche (subjektiv) und die Anforderungen, die für die Verwendung objektiv bestehen – oder übertrifft sie sogar.
- Prozessqualität: die Qualitätsfähigkeit der Prozesse. Die Abläufe sind geeignet, eine gute Produktqualität zu gewährleisten. Damit ist das Vertrauen begründet, dass auch das letztlich erzeugte Produkt gut ist.
- Potenzialqualität: Das Gesamtsystem einschließlich Management und Personal (Qualifikation, Motivation, Führungsinstrumente) ist auf dauerhaften Erfolg ausgerichtet. Denn selbst wenn die Prozesse durchdacht sind, können andere Elemente mangelhaft sein: es ist zwar alles klar geregelt, aber nicht auf dem neuesten Stand, die Beschäftigten sind schlecht qualifiziert oder unmotiviert, die Führung lebt das Streben nach Qualität und ständiger Verbesserung nicht vor, usw.
Zusätzlich kann „Qualität“ bedeuten:
- Umfassende Qualität = „Exzellenz“: Nachhaltiges
Management aller Faktoren, die unmittelbar und mittelbar für Qualität
wichtig sind, nachweislicher Erfolg bei allen Qualitätszielen und auch
erfolgreiche Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung: denn selbst wenn
die Potenzialqualität stimmt, kann es sein, dass die Leistung tatsächlich
Mängel hat (fehlende Ergebnisqualität) oder aber mit sozialen oder
ökologischen Nachteilen erkauft wird. Nachhaltig kann ein Unternehmen
nicht erfolgreich sein, wenn es sich nicht auch gesellschaftlich verantwortlich
oder sogar unethisch verhält (Corporate Governance).
Das EFQM-Modell verwendet für dieses Qualitätsverständnis die Bezeichnung "Exzellenz", um Missverständnisse mit anderen Interpretationen des Wortes "Qualität" zu vermeiden.
" Exzellenz" ist - Potenzialqualität im umfassenden Sinne und zusätzlich
- nachweisliche Ergebnisqualität.
Zur Berücksichtigung der Qualitätsdimensionen in den verschiedenen Konzepten für Qualitätsmanagement siehe die Übersicht im Beitrag Qualitätsmanagement, zum Verhältnis zum Konzept einer neuen Verwaltungssteuerung (NSM/NPM/WoV) siehe die besondere Übersicht.
Qualitätsbegriffe in der Praxis
Die - umgangssprachliche - Bedeutung entspricht der Produktqualität (einschl. der Qualität einer Dienstleistung, Produkt). In diesem Sinne spricht man auch von "schlechter Qualität"; qualitativ, der Qualität nach. Dabei wird vorausgesetzt, was man als "Kunde" erwartet, oft auch stillschweigend.
Bei Qualitätskriterien im Rahmen der KLR, im Rahmen von Controlling und Benchmarking ist Qualität Teil des Ziel-/Berichtsfeldes "Auftragserfüllung",
- wird eher im Sinne von Produktqualität verstanden und bedeutet für die öffentliche Verwaltung insbesondere die vollständige, richtige, recht- und zweckmäßige Auftragserfüllung,
- gemeint sein kann auch die Ergebnisqualität im Sinne von Outcome,
- im Unterschied zur Erfüllung des Zeit- und anderer Ziele, die z. T. als Prozessqualität bezeichnet werden.
die Potenzialqualität wichtig, der heute auch im Rahmen von Controlling ein hoher Stellenwert eingeräumt wird und eine Komponente des Konzepts der Balanced Scorecard ist.
Weitere Stichwörter: Qualitätsmanagement, TQM, EFQM, CAF.
Qualität und Kundenanforderungen
"Qualität heißt nicht nur genau das zu liefern, was der Kunde wollte, sondern auch das, was er gewollt hätte, wenn er richtig beraten worden wäre."
- Grundforderungen
- Leistungs- und Qualitätsforderungen
- Begeisterungsmerkmale
Die drei Ebenen der Qualität: das Kano-Modell
Aus der Analyse von Kundenwünschen hat Dr. Noriaki Kano, Professor an der Universität Tokio, 1978 abgeleitet, dass die Kundenanforderungen unterschiedlicher Art sein können. Das nach ihm benannte Kano-Modell erlaubt es, die Wünsche von Kunden präziser zu erfassen und bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen.
Vereinfacht unterscheidet dieses Modell (vgl. Abbildung):
- Grundforderungen, die so grundlegend / selbstverständlich sind, dass sie den Kunden erst bei Nichterfüllung bewusst werden (implizite Erwartungen). Werden sie nicht erfüllt, entsteht Unzufriedenheit, werden sie erfüllt, entsteht aber keine Zufriedenheit! Am Beispiel Auto: Sicherheit, Rostschutz.
- Leistungs- und Qualitätsforderungen sind dem Kunden bewusst, sie können in unterschiedlichem Ausmaß erfüllt werden und beseitigen Unzufriedenheit oder schaffen Zufriedenheit, je nach Ausmaß. Am Beispiel Auto: Fahreigenschaften, Beschleunigung, Lebensdauer.
- Begeisterungsmerkmale sind dagegen unerwartete Merkmale, mit denen der Kunde nicht unbedingt rechnet und die das Produkt gegenüber der Konkurrenz auszeichnen, sie rufen Begeisterung hervor. Am Beispiel Auto: Sonderausstattung, besonderes Design.
Über die Zeit gesehen verändern sich die Eigenschaften. Eine Begeisterungseigenschaft wird im Zuge der Zeit zu einer Leistungs- und später zu einer Basiseigenschaft. Am Beispiel des Autos: Brems- und Lenkhilfe, ABS. Während es früher Ausstattungsmerkmale waren, die Zufriedenheit auslösen konnten, werden sie jetzt erwartet, sie gehören u. U. aus Kundensicht schon zu den Grundforderungen.
Das Kano-Modell der Kundenforderungen.
Quelle: Wikipedia |
(Diese Unterscheidung ähnelt der Motivationstheorie von Herzberg. Danach gibt es Umstände der Arbeit, die Unzufriedenheit auslösen können, ihre Abwesenheit macht aber nicht "zufrieden", sondern nur "nicht unzufrieden". Ein banales Beispiel: Zahnschmerzen machen unglücklich, die Abwesenheit von Zahnschmerzen macht Menschen nicht glücklich. Faktoren wie z. B. Anerkennung der Leistung, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung im Beruf dagegen motivieren und können Zufriedenheit auslösen)
Kano-Modell in der öffentlichen Verwaltung?
Es stellt sich die Frage: Können/dürfen/sollten Leistungen der Verwaltung "Begeisterungsmerkmale" haben? Die Antwort setzt voraus, dass die Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung berücksichtigt werden: es geht nicht (allein oder überhaupt) um "Kundenzufriedenheit", sondern um die Erfüllung des öffentlichen Auftrags, oft im Sinne von Outcome (siehe im Beitrag "Neue Verwaltungsführung").
Es lohnt sich darüber nachzudenken, ob mit den bisherigen Leistungen und Ergebnissen dieser öffentliche Auftrag bestmöglich erfüllt wird und nicht weitere Leistungen / Merkmale der Ergebnisse angestrebt werden sollten. Praxisbeispiele zeigen, welches Potenzial darin liegt und was möglich ist.
3 Quellen
Siehe im Beitrag "Qualitätsmanagement".
Anmerkungen
1 | Hermann Hill, Vom Management der Binnenorganisation zu Good Governance. Vortrag am 24.1.2002, SAP-University, Online im Internet, übernommen am 02.03.2002. Die von Hill vorgeschlagene Definition wurde um die "Prozessqualität" erweitert und um den Bezug auch auf eine Organisationseinheit (als Teil einer Organisation) ergänzt. Sie deckt jetzt Produkt- und Prozessqualität ebenso ab wie die umfassende Qualität einer Organisation, wie sie im TQM bzw. EFQM bzw. CAF verstanden wird. |
2 | Der Produktbegriff umfasst auch Dienstleistungen, die Definition ist insoweit unscharf, aber für das allgemeine Verständnis besser verwendbar. |
3 | im Sinne "Institution" bzw. eines soziotechnischen Systems, s. das Systemmodell im Neuen Steuerungsmodell |
2012-05-21