Sach- und Formalziel(e)

(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 2.01)

1 Definitionen

1.1 Sachziel(e)

Das Leistungsziel (Output-Ziel) eines Betriebes/einer Organisation[5], d. h. das Ziel, Güter oder Dienstleistungen bestimmter Art, Menge und Qualität zu bestimmter Zeit für den Markt / die Abnehmer bereitzustellen und damit einen entsprechenden Bedarf zu decken (Bedarfsdeckungsziel) bzw. eine gewünschte Wirkung zu erreichen. Gegensatz: Formalziel(e), ökonomische(s) Ziel(e), insbesondere Gewinn, Umsatz, Rendite. Für Staat und Verwaltung sind als Sachziel(e) - entsprechend dem heutigen Verständnis von Public Management - auch das/die übergeordnete(n) Outcome- / Wirkungsziel(e) einzuordnen.

Offen bleiben bei dieser Klassifikation die Einordnung weiterer, heute weitgehend akzeptierter Ziele, insbesondere soziale, ökologische, kulturelle und sonstige gesellschaftliche Ziele (siehe dazu unten. Siehe zum Gesamt-Zielkonzept für die öffentliche Verwaltung den Beitrag zu Zielfeldern, Zielen und Kennzahlen.

1.2 Formalziel(e)

ökonomische(s) Ziel(e) eines Betriebes/einer Organisation[5] im Gegensatz zum Sachziel, insbesondere die monetären Erfolgsziele (Gewinn, Umsatz, Rendite) sowie die überlebenswichtigen Finanzziele der Liquidität und Sicherheit vor Überschuldung. Für erwerbswirtschaftlichen Unternehmen dominieren diese Formalziele, im Unterschied zur öffentliche Verwaltung. Auch wenn für sie Formalziele nicht dominieren, sind sie doch zu berücksichtigen. Dazu gehören (Kosten-)Wirtschaftlichkeit, Kostendeckung/Deckungsbeitrag, Zahlungsfähigkeit, Kapitalerhaltung, Vermögenserhaltung gerechnet werden.

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2 Weitere Informationen

2.1 Vorbemerkung: Die Unterscheidung hat keine praktische Bedeutung

Private und öffentliche Betriebe/Einrichtungen müssen jeweils differenziertere Zielsysteme entwickeln. Entsprechend ist die Unterscheidung bei modernen Konzeptionen für Zielsysteme und Controlling unerheblich, siehe z. B. das verbreitete und viel diskutierte Konzept der Balanced Scorecard, das nicht zwei, sondern vier Dimensionen (möglicherweise fünf für die öffentliche Verwaltung) unterscheidet. Entsprechendes gilt für die öffentliche Verwaltung (s. die folgende Darstellung sowie die Beiträge zu Zielfeldern, Zielen und Kennzahlen sowie zu Benchmarking).

2.2 Zur Definition, zu Abgrenzung und Weiterentwicklung

Kosiol hat die Unterscheidung der beiden Hauptziele in die Betriebswirtschaftslehre eingebracht[1], sie wurde von einem großen Teil der Lehre und der Praxis übernommen, allerdings zeigt sich die Problematik der ursprünglichen Konzeption, weil die Zielproblematik inzwischen differenzierter gesehen und auch andere Ziele berücksichtigt werden, die in die beiden Kategorien nicht ohne weiteres passen.

Weitgehend Übereinstimmung besteht, Seitenanfang

Alles Weitere ist umstritten, u.a. auch die Einordnung sozialer, ökologischer, gesellschaftlicher Ziele, wenn man die Zweiteilung nicht zugunsten einer gänzlich anderen Klassifikation aufgibt. Allerdings hat der Begriffsstreit keine praktischen Konsequenzen, so dass nach pragmatischen Lösungen gesucht werden sollte.

Zweckmäßig wäre vielleicht eine Differenzierung in Leistungsziele, Erfolgsziele und Finanzziele (Schierenbeck, BWL, 16. Aufl., 2003, S. 63) - diese Dreiteilung wäre für den privaten wie den öffentlichen Bereich verwendbar und würde die Erfolgsziele hervorheben, denen ein anderer Stellenwert zukommt, müsste allerdings noch um gesellschaftliche Ziele ergänzt werden. Damit ist man bereits sehr nahe an der Konzeption der Berichts-/ Zielfelder für die öffentliche Verwaltung. Damit vereinbar wären auch die Konzeptionen von Eichhorn[2] und Wöhe[3], was die Art der Ziele angeht, auch wenn sie selbst nicht die insgesamt fünf Zielfelder verwenden.  Seitenanfang

Die Konsequenzen sind in der folgenden Tabelle dargestellt:

Klassifikation in der Allgemeinen BWL Ziel- bzw. Berichtsfelder der öffentlichen Verwaltung
Sachziel(e): Definition des Leistungsprogramms / des Output / Beitrag des Betriebes zur Bedarfsdeckung

Art

(nicht enthalten, strategische Festlegung oder gesetzliche Vorgabe; Problem: "Aufgabenkritik" bzw. strategisches Management wird oft vernachlässigt)

 

 

Menge (pro Zeit / Periode)

Qualität (Produktqualität)

Zeit

Auftragserfüllung
(Merkmale des Leistungsprogramms / des Output / des Beitrages zum Gemeinwohl)

Menge (pro Zeit / Periode)

Qualität (Produktqualität)

Zeit

Outcome-Ziele (Wirkung des Output als Besonderheit für die öffentlichen Verwaltung, zu erfassen in der Wirkungsrechnung)

Formalziel(e) (ökonomische und ggf. weitere Ziele)

 

Liquidität und Sicherheit vor Überschuldung



Erfolgsziele (Gewinn, Umsatz, Rendite)

Wirtschaftlichkeit

Zahlungsfähigkeit, Kapitalerhaltung, Vermögenserhaltung (werden meist nicht in Zielkatalogen genannt, da als unproblematisch angesehen)

Kostendeckung

Stückkosten

Kundenzufriedenheit (Servicequalität) Kundenzufriedenheit
Mitarbeiterzufriedenheit Mitarbeiterzufriedenheit
Gesellschaftliche Verantwortung Gesellschaftliche Verantwortung
"Sach- und Formalziel(e)" allgemein und im Public Management

© Krems - olev.de - Version 1.0 - 2011-07-23

 

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2.3 Andere Zuordnungen

Die ursprünglich nicht berücksichtigten Ziele wie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie gesellschaftliche Verantwortung werden von Eichhorn (ebd.) als Konkretisierungen des Sachzieles interpretiert[4], das Formalziel wird auf die Ziele der Finanzsphäre beschränkt.

Bea behält die ursprüngliche Zweiteilung Sach-/Formalziel bei und ordnet die anderen Ziele getrennten Kategorien zu:

(Bea, in: Bea/Dichtl/Schweitzer (Hrsg.), Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Band 1: Grundfragen, 8. Aufl., 2000, S. 308).

Diese Zuordnungsfragen haben aber keine praktische Relevanz. Wichtiger erscheint die Ordnung nach Berichts-/ Zielfeldern, weil ihnen jeweils bestimmte Sichtweisen auf die Behörde/den Betrieb entsprechen: es ist jeweils die Sicht anderer Anspruchsgruppen (Stakeholder), oder alternativ nach Dimensionen/Perspektiven, wie es die Balanced Scorecard vorsieht, entsprechend aber auch das EFQM-Konzept von umfassendem Qualitätsmanagement ("excellente Unternehmensführung"). Seitenanfang

Welches Ziel dominiert? Für alle Wirtschaftssubjekte gilt, dass Zielpluralität besteht. Bestimmte Ziele haben aber jeweils existenzielle Bedeutung.

Zur Konzeption der Berichts-/Zielfelder s. auch die Beiträge zu Controlling und Benchmarking.

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3 Quellen

Bea, Franz Xaver / Dichtl, Erwin / Schweitzer, Marcell (Hrsg.) (2000): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Band 1: Grundfragen, 8. Aufl., Stuttgart

Berthel, Jürgen (1973): Zielorientierte Unternehmenssteuerung. Die Formulierung operationaler Zielsysteme. Stuttgart.

Braun, Günther E. (1988): Ziele in öffentlicher Verwaltung und privatem Betrieb - Vergleich zwischen öffentlicher Verwaltung und privatem Betrieb sowie eine Analyse der Einsatzbedingungen betriebswirtschaftlicher Planungsmethoden in der öffentlichen Verwaltung. Baden-Baden.

Deckert, Ronald: Steuerung von Verwaltungen über Ziele. Konzeptionelle Grundlagen unter besonderer Berücksichtigung des Neuen Steuerungsmodells. Dissertation Hamburg 2006. urn:nbn:de:gbv:18-27898. Online-Quelle

Eichhorn, Peter (2005): Das Prinzip Wirtschaftlichkeit. Basiswissen der Betriebswirtschaftslehre. 3. Aufl., Wiesbaden (1. und 2. Auf. 2000).

Kosiol, Erich (1972): Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum. Reinbek.


Anmerkungen

Zurück zum Text Kosiol, Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum, 1972, S. 54, 223, und ein Teil der BWL-Lehrbücher.
Zurück zum Text Eichhorn, Peter: Das Prinzip Wirtschaftlichkeit, 2000, 163 ff.

Im Anschluss an Kosiol, ebd. S. 223 heißt es dort weiter: "In gesamtwirtschaftlicher Sicht wird damit der qualitative und quantitative Beitrag der Unternehmung zur gesellschaftlichen Bedarfsdeckung zeitlich festgelegt." (a.a.O., S. 223)

Zurück zum Text Wöhe, Günter / Döring, Ulrich: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 21. Aufl., München 2002. Die 18. Aufl. dieses Werkes (1993) verwendete die Begriffe Sach- und Formalziel noch nicht.
Zurück zum Text Konkretisierungen dieser Ziele bei Eichhorn, ebd.
Zurück zum Text ein Unternehmen, eine öffentliche Einrichtung (Behörde, Amt, Kommune, Land usw.), ein gemeinwirtschaftliches Unternehmen, eine Non-Profit-Organisation, ein Verein, eine Gruppierung, ein Netzwerk, usw.